Die erste Ampel in Berlin

20180723_153159Am Potsdamer Platz an der Einmündung der Alten Potsdamer Straße steht ein “Verkehrsturm” – die erste Ampel Berlins und eine der ersten Deutschlands. Sie wurde 1924 aufgestellt, um den immer heftiger werdenden Verkehr am Potsdamer Platz zu regeln. 1990 hat man den  Turm nachgebaut und hier aufgestellt, nicht ganz an der gleichen Stelle wie früher, sondern versetzt auf einem Fußgängerbereich.

Damals war der Potsdamer Platz fast noch verkehrsreicher als heute: täglich passierten 20.000 Autos den Platz, 26 Straßenbahnen kreuzten sich mit fünf Buslinien sowie S-Bahn- und U-Bahnlinien. Letztere mussten natürlich nicht an der roten Ampel halten. Zwischen diesem ganzen  Getümmel hopsten 83.000 Reisende herum, die sich eine Lücke im Strom der motorisierten Zeitgenossen suchen mussten, um auf die andere Straßenseite zu kommen.

22.07.2018_0006 Anfangs hat ein Schutzmann auf einem drei Meter hohen Hochstand gestanden und kräftig in die Trompete geblasen, wenn alles stehen  bleiben sollte.

(Bild Common Licence https://www.wikizero.com/de/Datei:Bundesarchiv_Bild_146-1998-012-36A,_Potsdamer_Platz.jpg)

Kommentar vom Waschbären:
Ich stelle mir vor, wie das ging: einmal blasen – alles bleibt stehen, zweimal tuten – die Querstraße darf losdüsen, dreimal  tuten – jetzt sind die anderen dran? Viermal tuten ist dann wohl: jetzt reichts, macht doch, was ihr wollt!

 

20180723_153136Naja, jedenfalls war der arme Polizist irgendwann heillos überfordert. Der “Posaunenengel” konnte sich einfach nicht länger Gehör verschaffen. Eine andere Lösung musste dringend her und die fand man  in den USA. Dort gab es bereits Ampeltürme, die der deutsche Architekt Jean Krämer nachempfand und die Firma Siemens realisierte. Ein über acht Meter hohes fünfeckiges Gestell, gekrönt von einem Dach, darunter an allen  fünf Seiten eine Uhr und jeweils drei Lichter: damals grün, weiß und rot. Im Nachbau ist es grün, gelb, rot – wie wir es heute kennen.

Die fünf Seiten  waren nötig, weil am Potsdamer Platz fünf Straßen zusammenkamen. Im Unterschied zu heutigen Ampeln lagen die Lichter neben-, nicht untereinander. 

Im  Innern saß nach wie vor ein Polizist mit einer Stoppuhr und schaltete die Ampelzeichen. Ich weiß leider nicht, wie oft er raussausen musste, um uneinsichtige Autofahrer zur Ordnung zu rufen. Denn anfangs wollte wohl niemand einsehen, dass man vor einem dummen Lichtsignal still stehen sollte. Vielleicht hatten die Berliner den Eindruck, dass sie sich wie die Schweizer im “Wilhelm Tell” vor dem Hut des Landvogtes verbeugen sollten?

1926 hat Berlin versucht, alle Ampelanlagen zentral zu steuern – mit einem gigantischen Verkehrsstau als Folge. Alle Ampeln in der Stadt schalteten gleichzeitig auf rot und ganz Berlin stand. Dann schalteten alle wieder grün und das Verkehrschaos war komplett. Man musste sehr schnell nachrüsten: mit einer grünen Welle.

20180723_153224Abgebaut wurde das gute Stück 1936. Als Nachbau kam sie dann 1997 wieder an ihren alten Platz (naja, fast an den alten Platz). Sie leuchtet auch ganz tapfer vor sich hin, aber nicht im Takt mit den richtigen Ampeln.

 

 

Die erste Ampel der Welt (wie wir sie heute noch verwenden) nahm übriges 1914 im nordamerikanischen Cleveland ihren Dienst auf. Gelb gab es noch nicht, nur Rot und Grün.

Um einiges älter war ein Signalmast in London mit Gaslaternen für die Nacht und mechanischen Armen  für den Tag. Er wurde schon 1868 in Betrieb genommen. Leider war die Gasbeleuchtung ein Problem: es gab mehrere Explosionen und 1869 wurde ein Bobby schwerverletzt. London verzichtete dann erst mal auf Ampelanlagen.

In Deutschland war Hamburg zwei Jahre schneller als Berlin: 1922 regelte dort die erste Ampel den Verkehr.

Das war es von der ältesten Ampel Berlins von Eurem Waschbären

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