Ein paar Kilometer nördlich von Tellingstedt gibt es im Ort Lunden einen Geschlechterfriedhof – ja, genauso haben wir auch geguckt. Einen was? Wir haben ihn erkundet.
An der Sankt Laurentiuskirche mitten im Ort liegen 67 Gräber mit beeindruckend großen Grabplatten und einigen Stelen. Erhalten sind auch einige Grabkeller.
Hier wurde natürlich nicht Hinz und Kunz beerdigt, sondern die Mitglieder der alten Dithmarschen Bauerngeschlechter. Das waren mächtige Männer während der Dithmarschen Bauernrepublik im Mittelalter. Vom 13. Jahrhundert an bis 1559 gehörte Dithmarschen zwar zum Erzbistum Bremen, aber der Einfluss war so gering, dass sich eine eigene Führungsschicht aus den reichsten Bauern herausbildete: den Bauerngeschlechtern. Aus dieser Zeit heißt es “Dithmarscher, das sind keine Bauern, das sind Herren”.
Die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht schaffte große Vorteile. Schutz und Sicherheit wurden geboten, bei Fehden half man sich, schwor auch Meineide für die Mitglieder des eigenen Geschlechtes. Verwandtschaft war nicht unbedingt die Voraussetzung für die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht. Mangelte es an eigenen Männern, nahm jedes Geschlecht auch familienfremde Männer auf.
Die Familien beanspruchten und behaupteten Führungspositionen im Rat, setzten sich durch reiche Kleidung und üppig ausgestattete Häuser von der Allgemeinheit ab und wollten natürlich auch im Tode noch eine besondere Stellung haben. Darum wurde auf dem Lundener Friedhof ein eigener Bereich für die Geschlechter bereitgehalten, kein Knecht, keine Magd wurde hier beerdigt.
Große Namen aus der Dithmarschen Geschichte haben hier ihre Ruhestätte. Allen voran Peter Swyn, Ratsherr und Mitstreiter bei der Schlacht bei Hemmingstedt im Jahr 1500, aber auch ein Mann der Blutrache. In einer Familienfehde verletzte er einen Prediger so schwer, dass dieser später starb. Eine Wallfahrt nach Santiago de Compostela diese Todsünde tilgen – im Jahr 1522 war das gewiss ein gewaltiges Unterfangen.
Im Zusammenhang mit der Reformation kam es in Lunden und Heide zu Machtkämpfen zwischen den Geschlechtern, die in blutigen Fehden gipfelten. Vierzehn Tote waren zum Schluss zu beklagen, unter ihnen auch Peter Swyn.
Die Geschichte des Lundener Geschlechterfriedhofs ist mit Informationstafeln gut erklärt. Es lohnt sich, ihm einen Besuch abzustatten.