Von den Kögen

Sobald man näher zur Küste kommt, begegnen einem auf Schritt und Tritt Deiche. Wir haben uns anfangs sehr gewundert, dass hinter dem Deich genauso Wiesen oder Äcker waren wie vor dem Deich. Hinterm Deich, so dachten wir, kommt das Meer. Mitnichten!

Es gibt Deiche mitten im Land, die die Köge abschließen. Jeder Koog hat einen Namen, der hinterm Deich angezeigt wird. Unten auf dem Foto stehe ich auf Deich zum Hauke-Haien-Koog. Es gibt noch den Cecilienkoog, den Beltringharder Koog, den Sönke-Nissen-Koog, den Kronprinzenkoog und viele, viele andere.

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Bekannt ist vielen sicherlich Friedrichskoog samt der zugehörigen Gemeinde gleichen Namens.

Hier in Schleswig-Holstein heißt es “Koog”. In den Niederlanden und Ostfriesland nennt man das gleiche Land “Polder”. Beides bezeichnet eingedeichtes Land.

Zuerst einmal ist ein Koog ehemalige See oder Flussaue. Auch an der Eider gibt es Köge, zum Beispiel den Delver Koog. Durch Eindeichung und Entwässerung wird aus dem flachen Meer oder dem Feuchtgebiet am Fluss Stück für Stück Land gewonnen. Das so gewonnene Land ist erstmal nass und mit Salzwiesen bewachsen. Anfangs werden die Salzwiesen als Viehweide für Schaf und Rind benutzt. Der Waschbär guckt hier über den Beltringharder Koog.

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Nach und nach trocknet der Boden aus und sackt zusammen, darum liegen Köge häufig tiefer als der Wasserspiegel der angrenzenden See. Die Entwässerung ist dann natürlich ein Problem, es gibt ja kein natürliches Gefälle. Also muss man mit Wasserpumpen und Schöpfwerken sicherstellen, dass das Wasser aus dem Koog gepumpt wird. Entweder in die Nordsee oder in die Eider. Die Deiche sind als Schutz notwendig, damit das frisch gewonnene Land nicht gleich wieder von der nächsten Sturmflut weggerissen wird. Das ist früher oft genug passiert und die ganze Mühe und Arbeit war vergeblich.

Im Laufe der Zeit trocknet der Boden immer mehr aus, das Salz wird weniger, anstelle der Salzwiesenpflanzen tritt der Acker –  der Marschenboden ist fruchtbares Land.

Das nächste Stück See wird eingedeicht, entwässert und der Koog irgendwann zu Ackerboden umgewandelt. So entstand an der Küste im Laufe der Jahrhunderte ein Koog nach dem anderen. Fährt man heute durch diese Köge, sieht man noch die alten Deiche, die den Koog einst schützten und heute ziemlich weit von der Küste weg liegen.

Die ältesten Köge stammen aus dem 11. Jahrhundert und finden sich auf der Halbinsel Eiderstedt. Der letzte für eine Besiedelung genutzte Koog in Schleswig-Holstein stammt aus dem Jahr 1954; das ist der Friedrich-Wilhelm-Lübke Koog in Nordfriesland.

Aus den Namen eines Koogs kann man manchmal ahnen, aus welcher Zeit er stammt. Der Kaiser-Wilhelm-Koog wurde 1874 gedeicht, der Kronprinzenkoog wurde 1785 gewonnen und nach dem dänischen Kronprinzen Friedrich (dem späteren Friedrich VI.) benannt. Als eifriger Baumeister der Köge waren Vater und Sohn Desmercières im 18. Jahrhundert tätig – der Desmercières-Koog erinnert an sie. Viele Köge tragen die Namen der Gemahlinnen der dänischen Könige (Sophien-Magdalenen-Koog) oder der Herzöge von Gottorf (Hedwigenkoog).

Eine Reihe von Kögen sind heute dem Naturschutz gewidmet. Dazu gehören unter anderem der Beltringharder Koog und der Hauke-Haien-Koog. Sie sind ein Refugium für Wasservögel – Rotschenkel, Austernfischer, Ufer- und Pfuhlschnepfen, Kampfläufer, Dunkler Wasserläufer, Kiebitz- und Goldregenpfeifer … hier findet sich alles.

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